Typewriter with a page coming out saying "equality"

Die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz verstehen – ist Transparenz der Schlüssel?

5 Minutes read
14. März 2024
by Alyssa Schneebaum
Die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz bietet Hoffnung und Potenzial.

Wie bei jedem gesetzgeberischen Vorhaben erfordern auch ihre Feinheiten eine sorgfältige Prüfung.

Zur Hintergrundinformation: Diese Richtlinie ist nicht das erste Gesetz zur Lohntransparenz innerhalb der EU. Slowenien hat obligatorische Lohninformationen in Stellenanzeigen eingeführt, und Unternehmen in Dänemark müssen detaillierte Einkommensstatistiken bereitstellen. Während es noch Mitglied der EU war, führte das Vereinigte Königreich ein ähnliches Transparenzgesetz ein. Die neue EU-Richtlinie zur Lohngerechtigkeit zielt darauf ab, das rechtliche Umfeld in allen Mitgliedstaaten zu harmonisieren sowie Unternehmen und Arbeitnehmer:innen faire und transparente Vergütungen zu ermöglichen.

 

Eines der Hauptziele der EU-Richtlinie zur Lohntransparenz besteht darin, die Zugänglichkeit von Informationen sowohl für Jobsuchende als auch für Arbeitnehmer:innen zu verbessern. Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen, transparent über ihre Lohnniveaus für verschiedene Arbeitsplätze sowie über die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede in verschiedenen Hierarchieebenen zu sein. Das Ziel der erhöhten Transparenz ist es, Einzelpersonen mehr Informationen und damit mehr Verhandlungsmacht zu geben. Die Richtlinie umfasst auch einen Strafmechanismus: Überschreitet der geschlechtsspezifische Lohnunterschied innerhalb einer Berufskategorie eine Grenze von 5%, so muss das Unternehmen Maßnahmen in Form einer gemeinsamen Lohnbewertung ergreifen, um die Kluft zu schließen. Dies ist eine Neuheit für alle Mitgliedstaaten.

 

 

Die Richtlinie enthält ein innovatives und wichtiges Element bei der Betrachtung von "Lohn". Unternehmen müssen die Gesamtvergütung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter melden, nicht nur das Grundgehalt. Das bedeutet, dass die Statistiken Informationen über das Grundgehalt sowie Zusatzzahlungen wie Boni, Dienstwägen, Zulagen und andere Leistungen enthalten müssen. Diese Einbeziehung ist wichtig, da diese Lohnbestandteile in der Regel Verhandlungsgeschick und Verhandlungsfähigkeiten erfordern, bei denen es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Darüber hinaus kehrt die Richtlinie die Beweislast in Bezug auf (un)gleichen Lohn um, die nun beim Unternehmen liegt und nicht bei dem Arbeitnehmenden.

 

Nicht nur Jobsuchende und Arbeitnehmer:innen können von der Richtlinie profitieren. Unternehmen können die neu gewonnene Plattform der Lohntransparenz nutzen, um sich mit fairen Vergütungssystemen hervorzuheben und geschlechtsspezifische Lohnunterschiede zu verringern, die für die Anziehung und Bindung der besten Talente von entscheidender Bedeutung sind.

 

Die Wirksamkeit der Richtlinie kann je nach Verbreitung von Tarifverträgen und der Stärke der Gewerkschaften in jedem EU-Land variieren. In Ländern mit robusten Tarifverhandlungsrahmen, in denen Gewerkschaften eine entscheidende Rolle bei der Verhandlung von Beschäftigungsbedingungen spielen, an Stelle individueller Verhandlungsergebnisse, könnte der Einfluss der Richtlinie weniger ausgeprägt sein. Im Gegensatz dazu könnte sich der Einfluss der Richtlinie in Ländern, in denen Tarifverhandlungen weniger verbreitet sind, stärker äußern.

Obwohl die EU-Richtlinie zur Lohngerechtigkeit einen bedeutenden Schritt nach vorne darstellt, bringt ihr Anwendungsbereich auch Einschränkungen mit sich. Am bemerkenswertesten ist wahrscheinlich, dass Hauptaspekte der Richtlinie ausschließlich für Unternehmen mit 100+ oder 250+ Mitarbeiter:innen gelten, nämlich die obligatorische Berichterstattung über geschlechtsspezifische Lohnunterschiede an eine nationale Einrichtung. Diese Schwelle lässt einen erheblichen Teil der Belegschaft außerhalb ihres Anwendungsbereichs. Als Gegenbeispiel hat Dänemark bereits ein Transparenzgesetz zur Lohngerechtigkeit, das für Unternehmen mit nur 35 Mitarbeiter:innen gilt.

Weiterführende Literatur:

Bennedsen, M., Simintzi, E., Tsoutsoura, M., & Wolfenzon, D. 2022. “Do firms respond to gender pay gap transparency?”. The Journal of Finance, 77(4), 2051-2091.

Blundell, J., Duchini, E., Simion, S., and Turrell, A, 2022. “Pay Transparency and Gender Equality”. Unpublished.

Skoda, S., 2022. “Directing Job Search in Practice: Mandating Pay Information in Job Ads”. Working Paper, University of Zurich, Zurich, Switzerland.